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Die vergangenen drei Jahrzehnte waren geprägt von Raubtier-Kapitalismus, internationalen Schuldenkrisen, enttäuschten sozialen Hoffnungen, Hungerkatastrophen und Kriegen, die im Namen der neuen Weltordnung geführt wurden. Der Kontrast zur Vision einer digitalen Welt ohne Grenzen, die Zugang zu enzyklopädischen Wissensbeständen bietet, neue Chancen für demokratische Transparenz ermöglicht und eine global vernetzte Zivilgesellschaft befördert, ist gross. Was für den Hype um die Digitalisierung, die neuen Medien und enthusiastisch gefeierte grosstechnische Projekte gilt, lässt sich auch für andere Ereignisse und Entwicklungen feststellen: das Ende des Kalten Kriegs, die Pluralisierung der Lebensstile, die ökonomische Liberalisierung mit entfesseltem Finanzkapitalismus, Globalisierungsgewinne und dramatische Kostensenkungen in Verkehr und Logistik. Die Jahre zwischen 1980 und dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts werden trotz dieser vielschichtigen Bewertungen von vielen mit Befreiung, Prosperität und individuellem Glück assoziiert.
Anlässlich dieser Konkurrenz der Narrative will die Konferenz eine kritisch-konzeptuelle Debatte über gängige historische Rahmungen der Epoche anregen: Sei dies die „Nach dem Boom“-Formel (Raphael/Doering-Manteuffel 2008), die den Abschied von der Nachkriegsprosperität betonte, oder sei dies das Narrativ vom Ende der Geschichte (Fukuyama 1989/1992) und der Utopien (Fest 1989), die eng an den Niedergang des realexistierenden Sozialismus gebunden und als hoffnungslos-abruptes Ende eines extremen 20. Jahrhunderts (Hobsbawm 1994) oder gar als Beginn neuer zivilisatorischer Zusammenstösse und kultureller Unverständnisse (Huntington 1993/1996) perhorresziert wurde. Was ist seither erzählt worden? Bruchstücke nach dem Ende der grossen Erzählungen, wie Daniel T. Rodgers „Age of Fractures“ (2012) insinuiert, oder ganz einfach „die Anfänge der Gegenwart“ (Reitmayer/Schlemmer 2014)?
In Anlehnung an Walter Lord’s Essay „The Good Years: From 1900 to the First World War” von 1960 will die Konferenz die Potentialitäten, die eingelösten und verpassten Projekte, die Erwartungen und Hoffnungen dieser gegenwärtigen Geschichte rekonstruieren. Die mehr poly- denn ambivalenten Jahre von 1980 bis 2010 werden in fünf thematisch ausgerichtete Slots gegliedert, die jeweils durch Input-Referate von renommierten ForscherInnen lanciert werden: